- Februar 2020
- Von Renate Schuh Eder
- Karrieretipps
Über Zeugnisse und Referenzen
Den Ausschlag für diesen Beitrag liefert ein aktuelles Beispiel: Wir besetzen gerade eine Funktion als Einkaufsleiter im Automotiveumfeld. Wir haben – wie wir herausgearbeitet haben – einen sehr guten Endkandidaten und sind im finalen Check. Das heißt: Persönlichkeitsanalyse, Assessment, finaler Zeugnischeck und Referenzüberprüfung. Der Endkandidat ist Europäer – aber kein Deutscher. Leider war es ihm nie wichtig, beim Ausscheiden auf Zeugnisse zu achten, bzw. diese bei sich so archivieren, dass sie „greifbar“ sind.
Und was soll ich Ihnen sagen: Zeugnisse von TIER 1 Automotive Herstellern fehlen.
Bei Arbeitgeber 1 sind sie 1x ausgestellt worden, aktuell aber leider auch nicht in der alten Personalakte wieder zu finden. Wie bitte ??? Wie geht das denn? Bei dem zweiten TIER 1 gab es nach in den letzten 3 Jahren 5 Wechsel im zugehörigen Management der Funktion und keiner kann sich mehr so richtig erinnern. „Wohlwollend“ wie unsere Zeugniskultur in Deutschland nun so tickt, wurde unserem Kandidaten nun angeboten, sein Zeugnis selbst zu schreiben.
Das ist im Übrigen nichts Neues für uns. Ich schätze mal, dass 50% der Zeugnisse – am Ende des Tages -selbst geschrieben sind. (Schränken wir das ein wenig ein: Wir reden von hochkarätigen Spezialisten und Funktionen im Management – sehr selten von tarifgebundenen Mitarbeitern im Konzern)
Der Arbeitgeber legt seinen „Draft“ des Zeugnisses vor und dann hat der Arbeitnehmer so seine Einwände, bis es zur finalen wohlwollenden, best möglichen Formulierung kommt. Soweit zum Thema Ausstellen von Zeugnissen. Manchmal komplett irrwitzig ist die Interpretation. Wer entscheidet denn, was wie zu bewerten ist? Da meint der ein oder andere Mittelständler etwas ernsthaft positiv ausgedrückt zu haben und eine Recherche im Internet zum Thema „Schreiben von Zeugnissen“ verrät, dass der Mitarbeiter wohl eine „echte Pfeife“ war. Was stimmt nun?
Und ehrlich: Ähnlich verhält es sich mit Referenzen: Die Branche ist ja eine kleine Familie und die Frage “Sag mal, wie war denn der Andreas Meier bei Dir so?” kommt so selten nicht vor. Mal ganz abgesehen von rechtlichen Rahmenbedingungen, deren Einhaltung eigentlich einer Referenzauskunft unbedingt vorausgehen muss, passiert hier doch „auf dem kleinen Dienstwege“ einiges. Für uns ist dieser Weg komplett abzulehnen: Wir kennen Mitarbeiter, die in einem Unternehmen eigentlich „untergegangen“ sind und im nächsten Unternehmen zum „Hero“ wurden.
Wie war der oder die denn so? Diese Frage geht komplett an einer seriösen Referenzauskunft vorbei. Man kann sich eigentlich nur 2 oder 3 Themenkreise als Ziel nehmen. Z. B. Arbeitsorganisation, Kreativität, Zielorientierung usw. Ich muss eine konkrete Situation und ein „Verhaltensdreieck“ abfragen. (vgl.
www.erfolg-fuer-talente.de/uploads/media/Wie_kann_ich_mein_Vorstellungsgespraech_vorbereiten.pdf ) Nur dann kann ich aus der Referenz ableiten, ob ein möglicher Kandidat (m/w/d) zu dem eigenen Unternehmen und der Funktion passen kann.
Soweit meine Ausführungen um Sie ein wenig zu sensibilisieren. Zeugnisse und Referenzen sind mit Vorsicht zu genießen. ABER: Ein Mindestmaß an Beurteilung ist darüber definitiv zu erhalten und schon darüber stolpern so viele:
Angaben im Lebenslauf zu Position und Tätigkeit und zur „ Dauer des Aufenthaltes“ bei dem jeweiligen Unternehmen sollten doch mit dem Lebenslauf übereinstimmen.
Meine Empfehlung an Arbeitnehmer:
Achten Sie darauf, dass dies passt – alles andere können Sie nicht beeinflussen
Meine Empfehlung an Arbeitgeber bzw. Manager:
Seien Sie vorsichtig und reflektiert bei Abgeben von Referenzen und bedenken Sie mögliche Auswirkungen. Wenn Sie Zeugnisse lesen und interpretieren wollen, überlegen Sie genau, wer das Zeugnis wohl ausgestellt hat.
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